Liebe direktzu®-Nutzer,

32.000 Menschen haben abgestimmt, mehr als 650 Fragen wurden beantwortet – dies ist die Bilanz der Bürgerdialogplattform „Direktzu Stuttgart 21“, die im September 2010 online ging. Seitdem wurde von unseren Fachleuten detailliert Stellung bezogen zu vielen Themen rund um das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Alle unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen finden Sie hier auf dieser Plattform.

Seit 2010 hat sich das Projekt grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“. Nach Jahren der Planung und des politischen Diskurses treten die Umsetzung des Bahnprojektes und damit die Bauarbeiten immer mehr in den Vordergrund, was an vielen Stellen der Stadt und entlang der Autobahn nach Ulm zu sehen ist.

Für die zunehmenden Fragen rund ums Bauen haben wir ein „Informationszentrum“ eingerichtet, über welches sich insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche über das aktuelle Baugeschehen informieren können.

Wir freuen uns weiterhin über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Beantwortet
Autor Bernd Steinheil am 27. Juni 2011
20304 Leser · 29 Stimmen (-13 / +16)

Durchgangsbahnhof: Kapazität, Architektur, Barrierefreiheit

Aussagen zur Leistungsfähigkeit

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Dr. Kefer,

mein Hauptproblem bei S21 ist die Frage nach der Leistungsfähigkeit.

Zunächst wurde das Projekt vollmundig mit der Aussage der "doppelten Leistungsfähigeit" schmackhaft gemacht.
Bei genauerem Nachfragen wurde dieses nach 15 Jahren (!) auf 30% höhere Zugzahlen eingedampft. Diese kommentierten Sie, Herr Dr. Kefer, in der Antwort zur Frage "58 Züge in 6 Stunden?" mit den Worten "Basis der geplanten Zugangebote im Regionalverkehr ist das Fahrplankonzept des Landes-Baden-Württemberg für den Angebotszeitraum 2020, das die Infrastruktur von Stuttgart 21 voraussetzt. Dass mit Stuttgart 21 diese - rund 30 % höhere Zugleistung - auch gefahren werden kann, steht außer Frage.".

Nun ist zwischenzeitlich bekannt geworden, dass die Bahn zur Bestehung des Stresstestes von diesem Konzept - das angeblich außer Frage leistbar wäre!! - unter Streichung zusätzlicher Züge abwich, versehen mit dem hässlichen Kommentar, dass mehr Zugverkehr eh nicht abzusehen ist.

Ein derartiges Zurückrudern kratzt enorm an der Glaubwürdigkeit der Bahn und ihrer Vertreter; meine Frage lauetet: was gedenken Sie zu tun, um diese Glaubwürdigkeit wieder herzustellen? Z.B. durch Maßnahmen, die eine nachweislich hinreichende Leistungsfähigkeit gewährleistet, die einen solchen Eingriff rechtfertigt?

Vielen Dank,

B.Steinheil

+3

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Antwort
von Wolfgang Dietrich am 02. Februar 2012
Wolfgang Dietrich

Sehr geehrter Herr Steinheil,

vielen Dank für Ihre Nachricht, die ich gerne beantworte.

Im Zuge des Stresstests haben wir den Nachweis erbracht, dass ein Fahrplan mit einer deutlich gesteigerten Zugzahl im neuen Bahnknoten Stuttgart fahrbar ist. Die zu Grunde liegende Messlatte wurde im Rahmen der Schlichtungsgespräch einvernehmlich vereinbart: die Zahl der Zugankünfte im Hauptbahnhof Stuttgart zwischen 7:00 und 7:59 Uhr. Sie war von (zur Zeit der Schlichtung) 37 Zugankünften auf 49 und damit um 30 Prozent anzuheben. Nicht betrachtet wurde dabei die Zahl der Abfahrten, die ebenfalls Teil der Zugleistung sind. Sie nehmen um rund 70 Prozent, von 19 auf 32 zu. In der Projektkommunikation haben wir vielfach von einer um 50 Prozent erhöhten Zugzahl zur morgendlichen Spitzenstunde gesprochen. Dies ist nun im Rahmen des Stresstests fundiert nachgewiesen.

Eine Aussage über die maximale Leistungsfähigkeit des neuen Stuttgarter Hauptbahnhof (unter Beachtung der Betriebsqualität) trifft der Stresstest dabei ausdrücklich nicht. Eine weitere Steigerung der Zugzahlen im Stuttgarter Hauptbahnhof wäre aber durchaus möglich. So enden im Stresstest-Fahrplan 17 der 49 ankommenden Züge und werden damit nicht mehr als Abfahrt gezählt, obwohl sie – als Fahrten in den Abstellbahnhof – in größerem Maß Kapazität als eine mit Reisenden besetzte Zugfahrt binden (zeitaufwändiger Abschlussdienst im Hauptbahnhof, Abzweigstellen zum Betriebsbahnhof).

Wie Sie möglicherweise wissen, verehrter Herr Steinheil, wird der Anschluss für zwei zusätzliche Gleise aus Richtung Feuerbach zum Hauptbahnhof, die bei Bedarf für eine weitere Steigerung der aus dieser Richtung ankommenden Züge notwendig wäre, im Zuge von Stuttgart 21 vorbereitet: Der Tunnel Bad Cannstatt wird dazu, auf Höhe der Wagenhallen, bereits im Zuge der Baumaßnahmen von Stuttgart 21 aufgeweitet. So könnten dort zwei zusätzliche Gleise einfädeln. Diese würden von dort über den Nordbahnhof und den heutigen Pragtunnel nach Feuerbach geführt werden und weiter zur Leistungssteigerung beitragen. Die übrigen Zulaufstrecken weisen noch erhebliche Leistungsreserven auf.

In der formalen Rechtfertigung des Vorhabens (Planfeststellung, Finanzierungsvereinbarung) wurde dabei stets ein geringer Anstieg unterstellt. Mit dem Stresstest haben wir nun – mit einem in einem solchen Projektstadium nie zuvor da gewesenen Aufwand – den deutlichen Nachweis erbracht, dass sogar noch größere Zugzahlen bei stabilen Betrieb und verspätungsabbauend abgewickelt werden können.

Bei fairer und nüchterner Betrachtung können wir keinen Mangel an Glaubwürdigkeit erkennen.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Dietrich