Liebe direktzu®-Nutzer,

32.000 Menschen haben abgestimmt, mehr als 650 Fragen wurden beantwortet – dies ist die Bilanz der Bürgerdialogplattform „Direktzu Stuttgart 21“, die im September 2010 online ging. Seitdem wurde von unseren Fachleuten detailliert Stellung bezogen zu vielen Themen rund um das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Alle unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen finden Sie hier auf dieser Plattform.

Seit 2010 hat sich das Projekt grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“. Nach Jahren der Planung und des politischen Diskurses treten die Umsetzung des Bahnprojektes und damit die Bauarbeiten immer mehr in den Vordergrund, was an vielen Stellen der Stadt und entlang der Autobahn nach Ulm zu sehen ist.

Für die zunehmenden Fragen rund ums Bauen haben wir ein „Informationszentrum“ eingerichtet, über welches sich insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche über das aktuelle Baugeschehen informieren können.

Wir freuen uns weiterhin über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Beantwortet
Autor Karsten vom Bruch am 16. Dezember 2010
54069 Leser · 23 Stimmen (-8 / +15)

Durchgangsbahnhof: Kapazität, Architektur, Barrierefreiheit

Barrierefreie Fluchtwege

Sehr geehrter Herr Kefer.
Im Schlichtungsspruch wird für S21plus die Barrierefreiheit der Fluchtwege gefordert. Wie kann das technisch realisiert werden. Rollstuhlfahrer können die Verteilerebenen als Fluchtwege nur über flache und breite Rampen aus eigener Kraft erreichen. Zudem wurde während der Schlichtung dargelegt, dass im Falle eines Brandes mit starker Rauchentwicklung einzelne Verteilerebenen blockiert sein könnten. In diesem Fall stünden dann die beiden anderen Verteilerebenen als Fluchtwege zur Verfügung.
Heißt das denn dann nicht logischerweise, dass auch alle Verteilerebenen von jedem Bahnsteig aus für Rollstuhlfahrer über Rampen erreichbar sein müssen, da ja nicht von vornherein feststeht, wo es zum Brand kommen wird. Das würde dann bedeuten, dass jeder Bahnsteig mindestens drei flache Rampen zu den Verteilerebenen bekommen müsste, die sich aber wiederum nur jeweils in einem Bahnsteigdrittel befinden dürften, um die Fliehenden nicht an der Brandstelle vorbei zu leiten. Schätze ich diese Herausforderung richtig ein und wie könnten diese Rampen räumlich in das bestehende Bahnhofskonzept integriert werden?

+7

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Dr. Volker Kefer am 25. Januar 2011
Dr. Volker Kefer

Sehr geehrter Herr vom Bruch,

grundsätzlich ist der neue Hauptbahnhof als barrierefreier Bahnhof geplant.

Die Barrierefreiheit wird hier mittels Aufzügen umgesetzt. Das bedeutet eine Erschließung, die mobil eingeschränkten Personen die Verkehrsanlage in der allgemein üblichen Weise - wie es der Gesetzgeber im BGG benennt - nutzbar macht. Dies gilt auch für die überwiegende Anzahl möglicher Evakuierungsfälle. Somit sind die Hauptverkehrsebenen einschließlich der Bahnsteige und Verbindungsstege barrierefrei zu erreichen.

Hinsichtlich der Frage nach Rampen muss festgestellt werden, dass für eine selbstständige Nutzung durch Rollstuhlfahrer eine so flache Neigung vorgeschrieben ist, dass sich die Länge einer Rampe auf dem Bahnsteig zur Erreichung der ca 7m höher liegenden Stege nicht ohne andere, wesentliche Nachteile darstellen ließe und dies zudem die in der Alltagsgebrauchlichkeit für die darauf angewiesenen Personen ungünstigste Erschließungsart darstellen würde.

Der Brandfall im Bahnsteigbereich ist insoweit ein besonderer Evakuierungsfall, weil dann die Nutzung von Aufzügen nicht gestattet ist.

Grundsätzlich wird in den Brandschutzkonzepten für Personenverkehrsanlagen der DB AG - so auch Stuttgart Hbf - sichergestellt, dass Personen im Brandfall ohne Beeinträchtigungen durch Brandauswirkungen die Verkehrsanlagen sicher verlassen können. Wir gehen davon aus, dass Mitreisende, sowie Mitarbeiter der DB und ggf. anwesende Sicherheitskräfte die Evakuierung von Menschen mit Gehbehinderungen im Rahmen der Hilfeleistungspflicht schon in der Selbstrettungsphase unterstützen.

Entsprechende Aufforderungen zur Unterstützung sind auch Bestandteil der Lautsprecherdurchsagen im Störungsfall. Sollten dennoch Betroffene in dieser Zeitspanne die Bahnsteigebene nicht verlassen haben, wird auch für die Fremdrettungsphase (Einsatz der Feuerwehr) die Bahnsteigebene noch eine ausreichende Zeit raucharm gehalten, so dass für diese Personen nach menschlichem Ermessen keine Gefahr besteht.

Im Brandfall in Stuttgart Hbf wird berücksichtigt, dass bei einem Brand (z.B. ein Papierkorb) entweder alle Verbindungsstege benutzbar sind, oder, wenn sich der Brandherd im Bereich eines Steges befindet, zwei Verbindungsstege für die Evakuierung verbleiben. Insbesondere in Stuttgart Hbf haben wir durch die offene Gebäudehöhe und die in der Decke als natürliche Entrauchungsanlage angeordneten Lichtaugen eine besonders sichere Entrauchungssituation.

Alle Menschen, die bei der Evakuierung auf Dritte angewiesen sind, können sich ungefährdet von einem Brandereignis auf der Bahnsteigebene zu einem der nicht von Rauch beeinträchtigten Stegen begeben und dort falls erforderlich ungefährdet die Fremdrettung (Feuerwehr) erwarten. Die Bahnsteigbreite von 10m ermöglicht auch am Brandereignis vorbei einen sicheren Steg zu erreichen.

Obwohl unser Brandschutzkonzept auf Grundlage hoher Anforderungen entwickelt wurde und somit bereits ein hohes Sicherheitsniveau auch im Vergleich mit anderen öffentlichen Verkehrsanlagen oder Gebäuden erreicht ist, werden wir mit unseren Experten weitere Optimierungen prüfen. Hierzu stehen wir zudem in einem guten Kontakt mit den Behindertenverbänden. Aber schon heute gilt: Alle unsere Kunden können sich aufgrund der vorgesehenen Maßnahmen im neuen Hauptbahnhof sicher wissen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB