Liebe direktzu®-Nutzer,

32.000 Menschen haben abgestimmt, mehr als 650 Fragen wurden beantwortet – dies ist die Bilanz der Bürgerdialogplattform „Direktzu Stuttgart 21“, die im September 2010 online ging. Seitdem wurde von unseren Fachleuten detailliert Stellung bezogen zu vielen Themen rund um das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Alle unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen finden Sie hier auf dieser Plattform.

Seit 2010 hat sich das Projekt grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“. Nach Jahren der Planung und des politischen Diskurses treten die Umsetzung des Bahnprojektes und damit die Bauarbeiten immer mehr in den Vordergrund, was an vielen Stellen der Stadt und entlang der Autobahn nach Ulm zu sehen ist.

Für die zunehmenden Fragen rund ums Bauen haben wir ein „Informationszentrum“ eingerichtet, über welches sich insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche über das aktuelle Baugeschehen informieren können.

Wir freuen uns weiterhin über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Beantwortet
Autor Conny Single am 21. August 2013
27871 Leser · 10 Stimmen (-1 / +9)

Durchgangsbahnhof: Kapazität, Architektur, Barrierefreiheit

Engpässe nicht verbreitert / Barrierefrei?

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Beitrag http://direktzu.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/stuttgart21/... wurde nicht beantwortet.
Im November 2012 wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen der DB und dem DIPB (Dachverband integratives Planen und Bauen e.V.) unterzeichnet, der die seit dem 1.5.2012 gültige neue RIL zugrunde liegt.

Der DIPB fordert in seiner „Checkliste für Neuplanung / A1 Öffentliche Gebäude, Arbeits- u. Vergnügungsstätten“ eine Wegbreite von 1,50 m und der VdK in seinem „Handbuch barrierefreier Verkehrsraum“ angelehnt an die DIN 18030 und RASt 06 1,80 m.

Letzterem Wert schließt sich die RIL 81302 unter „Bemessung der Gehwegbreite“ an.
RIL-Auszug (Seite 78): „Nach Ril 813.0202A01 muss die erforderliche Gehwegbreite nach dem Reisendenaufkommen ausreichend bemessen sein. Unabhängig davon sollen Gehwege für die ungehinderte Begegnung zweier Rollstuhlnutzer mindestens 1,80 m breit sein. Gehwege müssen [...] als hindernisfreier Weg über eine nutzbare Breite von mindestens 1,60 m verfügen, [...]. Bei Gehwegen mit einer Mindestbreite von 1,60 m sollen Bewegungsflächen von 1,80 m x 1,80 m in Abständen von höchstens 15 m vorgesehen werden.“

Gehwegbreiten nicht mit Bahnsteigbreiten vergleichbar?

Der Sturz über die Bahnsteigkante ist folgenreicher als einer über die Bordsteinkante, zumal er erheblich tiefer ist und der Bremsweg von Zügen länger als der von Autos.
Laut den aktuellen Planungen im Kernbereich (!) des Bahnhofs, entstehen neben den Treppenblocks, die zum Verteilersteg B gehören, pro Bahnsteig vier Engpässe über 9 m Länge.

Diese Durchgänge müssen (!) genutzt werden, wenn man zum Aufzug unter dem Verteilersteg B will oder von ihm kommt. Also begegnen sich in diesen Engstellen zusätzlich (!) auch diejenigen, die breitere Gehspuren benötigen wie Menschen mit Kofferkuli, Kinderwagen, Fahrrad, Rollator oder Rollstuhl, mit Kindern oder Gepäck links und rechts.

Die Bahnsteige sind in diesen Kernbereichen (aktuell) 2,04 m breit geplant und nicht verbreitert worden.
Abzüglich Gefahrenzone von 0,80 m + Sicherheitsstreifen von 0,10 m + Abstand zur (Rolltreppen-)Wand von 0,20 m verbleibt ein Verkehrsweg von 0,94 m; entsprechend eine Gehspur von 0,47 m pro Person.
Bei den Fluchttreppenhäusern und anderen Treppenblöcken bewegen sich die Gehspuren großteils auch nur zwischen 0,50 und 0,60 m.

FRAGE: Nach welchen Normen/Gesetzen/Richtlinien sind solch schmale Wegbreiten für einen Großstadtbahnhof (!) statthaft und barrierefrei bezeichenbar?

MfG C. Single

+8

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Wolfgang Dietrich am 18. September 2013
Wolfgang Dietrich

Sehr geehrte Frau Single,

den rechtlichen Rahmen für die Gestaltung der Bahnsteige des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs bilden zunächst Gesetze, Verordnungen und Richtlinien auf deutscher und europäischer Ebene. Diese werden konkretisiert durch die technischen Richtlinien der Deutschen Bahn, darunter die von Ihnen angesprochene Richtlinie 813.

Zu einigen grundsätzlichen Punkten haben wir bereits in der unter http://direktzu.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/stuttgart21/... abgelegten Antwort Stellung genommen. Wir haben darin auch deutlich gemacht, dass die von Ihnen als übermäßig eng skizzierten Durchgangsbreiten von 2,0 Metern in vielen großen deutschen Bahnhöfen Alltag sind - darunter beispielsweise auch im heutigen Stuttgarter Hauptbahnhof. Das von Ihnen immer wieder befürchtete Chaos ist bislang ausgeblieben.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Dietrich