Sehr geehrter Herr Paul,
Stuttgart 21 stärkt ganz wesentlich auch den Regionalverkehr und bringt ebenso Vorteile für die Stuttgarter S-Bahn. Mit Stuttgart 21 wird der gesamte Stuttgarter Bahnknoten neu geordnet. Ein leistungsfähiger moderner Durchgangsbahnhof und ein rund 30 Kilometer langer innerstädtischer Schienenring ermöglichen eine neue Qualität für den gesamten Bahnverkehr.
Nach heutigem Planungsstand des Landes wird zum einen das Angebot im Regionalverkehr deutlich ausgeweitet. Zum anderen werden die neuen direkten Regionallinien keinen Umstieg mehr im Hauptbahnhof erfordern und deutliche Fahrzeitvorteile bringen. Damit bringt Stuttgart 21 insbesondere für die Berufspendler zahlreiche Verbesserungen. Beispielsweise ermöglicht die Anbindung des Flughafens und der Messe an die neue Schnellfahrstrecke nach Ulm künftig schnellere Verbindungen z.B. nach Ulm oder Tübingen, in Richtung Oberschwaben, aber auch innerhalb der Region Stuttgart.
Ihre Wahrnehmung wonach „immer mehr ein Umstieg von der Bahn zum Auto“ erfolgen würde, kann ich nicht teilen. So sind z.B. im VVS die Fahrgastzahlen im Jahr 2010 um insgesamt 1,1% gestiegen. Die Fahrgastzählungen, die der VVS regelmäßig in allen Verkehrsmitteln vornimmt, zeigen, dass sich die Hauptverkehrszeiten mit der größten Nachfrage zunehmend auf größere Zeitfenster verteilen. Dies hängt mit dem generellen Trend zu flexibleren Arbeits- und Ladenöffnungszeiten zusammen. Der Verband Region Stuttgart, der den S-Bahn-Verkehr bei der Deutschen Bahn bestellt und finanziert, trägt dieser Entwicklung Rechnung. Erst vor kurzem hat der Verkehrsausschuss zugestimmt, den 15-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit am Morgen und Abend auszuweiten. Wenn überhaupt von Kapazitätsengpässen im S-Bahn-Verkehr gesprochen werden kann, dann im Bereich der Tunnelstrecke( S-Bahnstammstrecke) zwischen Stuttgart Hbf und Schwabstraße. Richtig ist, dass die Kapazität auf der Stammstrecke in diesem Bereich in den Hauptverkehrszeiten nicht weiter erhöht werden kann, jedoch sprechen die oben genannten Entwicklungen und die demografische Entwicklung dafür, dass die Verkehrsspitzen sich weiter abschwächen und in den übrigen Zeiten Fahrgastzuwächse zu erwarten sind. Damit wären ein aufwändiger Aus- und Neubau der S-Bahn-Station Hbf und des Innenstadttunnel voraussichtlich auch in absehbarer Zukunft nicht zu rechtfertigen. Langfristig ermöglicht Stuttgart 21 jedoch eine Entlastung der S-Bahn-Stammstrecke.
Richtig ist, dass der neue zusätzliche Halt an der S-Bahn-Station Mittnachtstraße die Fahrzeit für die S-Bahnen von und zum Hauptbahnhof um ca. zwei Minuten verlängert. Allerdings gewinnt der S-Bahn-Verkehr durch Stuttgart 21 an Fahrplanstabilität, weil die Regionalzüge, die heute teilweise über die S-Bahn-Gleise zum Hauptbahnhof fahren, künftig über „eigene“ Gleise in den Durchgangsbahnhof fahren. Mögliche Verspätungen aus dem Regionalverkehr können also nicht mehr 1:1 auf den S-Bahn-Verkehr übertragen werden. Für viele Fahrgäste bietet die neue Station Mittnachtstrasse die Möglichkeit, bereits dort z.B. von einer S-Bahn aus Feuerbach Richtung Bad Cannstatt umzusteigen. Dies erspart Fahrten von und zum Hauptbahnhof und entlastetet damit auch die S-Bahn-Station Stuttgart Hauptbahnhof tief.
Neben der künftigen Verbesserung der Stuttgarter Bahninfrastruktur läuft bereits heute die Beschaffung neuer Fahrzeuge. Die DB Regio AG ordert alleine für die S-Bahn Stuttgart 83 neue Fahrzeuge des Typs ET 430, die mit Beginn des neuen Verkehrsvertrages im Juli 2013 zum Einsatz kommen werden. Diese Fahrzeuge entsprechen mit ihren komfortablen Sitzen, den Klimaanlagen, den Videokameras und den aktuellen Informationen zu Anschlusszügen dem aktuellsten Stand der Technik. Auch die S-Bahn Fahrzeuge des Typs ET 423, die heute schon auf den Linien S1 und S3 fahren, werden schrittweise mit Videokameras und Monitoren nachgerüstet. Alle älteren Fahrzeuge des Typs ET 420, die bis zu 19 Jahre alt sind, werden mit Inbetriebnahme der ET 430 ausgemustert.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Udo Andriof - Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart – Ulm