Sehr geehrter Herr Dr. Juranek,
durch eine Güterzuganbindung an die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm ab Plochingen wird dem schnellen und leichten Güterverkehr zu Nachtzeiten Kapazitäten auf der Schnellfahrstrecke entlang der Autobahn A8 angeboten.
Einen Hochleistungsgüterzug im Sinne meiner Antwort vom 1. Oktober 2010 meint einen Güterzug bis ca. 1.000 Tonnen Gesamtgewicht. Diese Güterzuge können auch bei den Steigungsverhältnissen auf der Neubaustrecke zu attraktiven Fahrzeiten fahren. Auch heute gibt es schon Güterzüge unterhalb von 1.000 Tonnen Gesamtgewicht, allerdings bilden diese eher die Ausnahme, da im Allgemeinen bestrebt wird, das zulässige Gesamtgewicht auszunutzen.
In Frankreich verkehrt der Hochgeschwindigkeits-Güterzug TGV-Postal der französischen Postgesellschaft La Poste. Die Züge der Bahnpost verkehren nachts zwischen den Städten Paris und Lyon, wobei eine Ausweitung im französischen Schienennetz in Aussicht steht.
Von Fahrten im „Nachtsprung“ (=Transport der Güter vom Versender zum Empfänger über Nacht) sprechen wir auch bei der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Die freien Trassen für diese Züge liegen ebenfalls in den Nachtstunden. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung prognostiziert 40 Züge dieser Art, basierend auf einer zu erwartenden steigenden Nachfrage nach schnellen Schienengüterverkehren.
Vielleicht interessiert Sie auch, dass das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm Kapazitäten für den Güterverkehr auf der bestehenden Strecke schafft. Das hielt der Schlichter Heiner Geißler als ein Ergebnis der ersten Schlichtungsrunde zu Stuttgart 21 fest: der schnell laufende Regional- und Fernverkehr bei der Personenbeförderung wird künftig auf die neue Schnellstrecke (NBS) geleitet, so dass auf der heute existierenden Neckar-Fils-Strecke über Göppingen Platz für den Güterverkehr geschaffen wird. Diese Strecke bleibt weiterhin als eine Hauptfuhrstrecke im Güterverkehr bestehen; Auch wenn die Neubaustrecke primär auf Verbesserungen im (schnellen) Personenverkehr zielt, können dennoch dadurch auch die Kapazitäten im Güterverkehr entscheidend gesteigert werden. Und genau diese Kapazitäten werden benötigt: In den kommenden Jahren werden im Bereich des Güterverkehrs hohe Zuwachsraten erwartet; im Güterverkehr geht man von einem steigenden Bedarf von plus 70% bis zum Jahr 2025 aus. Nur weil heute Verkehre noch Luft haben, heißt das nicht, dass wir die Kapazitäten morgen nicht brauchen.
Die Entmischung auf Bahnstrecken vom schnellen Fernverkehr und dem langsameren Regional- und Güterverkehr trägt zur Fahrplanstabilität des Güterverkehrs bei, weil dieser weniger schnelleren Zügen Platz machen muss. Dies erhöht die Attraktivität der Bahnstrecken für den Güterverkehr.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB