Liebe direktzu®-Nutzer,

32.000 Menschen haben abgestimmt, mehr als 650 Fragen wurden beantwortet – dies ist die Bilanz der Bürgerdialogplattform „Direktzu Stuttgart 21“, die im September 2010 online ging. Seitdem wurde von unseren Fachleuten detailliert Stellung bezogen zu vielen Themen rund um das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Alle unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen finden Sie hier auf dieser Plattform.

Seit 2010 hat sich das Projekt grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“. Nach Jahren der Planung und des politischen Diskurses treten die Umsetzung des Bahnprojektes und damit die Bauarbeiten immer mehr in den Vordergrund, was an vielen Stellen der Stadt und entlang der Autobahn nach Ulm zu sehen ist.

Für die zunehmenden Fragen rund ums Bauen haben wir ein „Informationszentrum“ eingerichtet, über welches sich insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche über das aktuelle Baugeschehen informieren können.

Wir freuen uns weiterhin über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Beantwortet
Autor Ulrich Wilde am 10. Oktober 2010
39108 Leser · 37 Stimmen (-8 / +29)

Durchgangsbahnhof: Kapazität, Architektur, Barrierefreiheit

Zweifel an der Kapazität von S21

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wohne in der zweitgrößten schwäbischen Stadt in Deutschland - in Augsburg. Augsburg hat etwa halb so viele Einwohner wie Stuttgart.

Mit S21 planen Sie einen Durchgangsbahnhof mit 8 Gleisen. Der Augsburger Hbf verfügt gegenwärtig über 9 Durchgangsgleise und 2 sog. Kopfgleise. In Augsburg erachtet man 2 zusätzliche Gleise für dringend notwendig, die wohl in absehbarer Zeit auch gebaut werden.

Deshalb bin ich stark im Zweifel, ob die Kapazität in Stuttgart ausreicht. Falls dann doch Erweiterungen notwendig werden, lassen sich diese nur mit erheblichen Aufwand im Untergrund realisieren.

Warum gehen Sie mit dem neuen Bahnhof nicht in einen anderen Stadtteil von Stuttgart, wo dieser oberirdisch realisiert werden kann? Dann wären die bisherigen Flächen ebenso frei für die gewünschte Stadtentwicklung. Dann ist jeder Fraktion - S21 und K21 - genüge getan. Die einen haben den Durchgangsbahnhof, die anderen dürfen oben bleiben.

Man muss sich nur von eingefahrenen Denkweisen lösen. Das bisherige Theater beider Blocks wirkt auf mich, je länger es dauert, zunehmend peinlich und lächerlich.

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Wilde

+21

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Antwort
von Dr. Volker Kefer am 15. November 2010
Dr. Volker Kefer

Sehr geehrter Herr Wilde,

bei den Planungen für die Neugestaltung des Bahnknotens Stuttgart wurden über 60 unterschiedliche Alternativen für die Gestaltung der Gleisanlagen und der Netzanbindung des neuen Durchgangsbahnhofes geprüft und wieder verworfen. Am Ende hat sich Stuttgart 21 als beste Lösung durchgesetzt. In der Abwägung zur Standortwahl waren Entscheidungskriterien zu berücksichtigen, wie sie in den in der Planfeststellung genannten Vorhabenszielen festgestellt werden, z.B.:

  • Verknüpfung des Landesflughafens Stuttgart zur Verbesserung der überregionalen Anbindung dieses Verkehrsträgers.

  • Anbindung der Region Filder als einen dicht bevölkerten und wirtschaftlich stark entwickelten städtischen Ergänzungsraum.

  • Erhaltung und Stärkung der zentralen Verkehrsfunktion innerhalb der Landeshauptstadt Stuttgart (Verknüpfung mit Regional-, Stadtbahn- und städtischem Verkehr).

Gegenstand der Planfeststellung ist unter anderem die umfangreiche Prüfung von Alternativen der Antragsplanung des Bauherrn Deutsche Bahn AG. Im Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2005 zum Abschnitt 1.1 wird dazu ausgeführt:

„Das Vorhaben kann unter Berücksichtigung aller öffentlichen und privaten Belange genehmigt werden. Die Bereitstellung einer langfristig leistungsfähigen Schieneninfrastruktur, die Einbindung der Neubaustrecke und des Bahnknotens Stuttgart in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz und die Erhöhung der Streckenleistungsfähigkeit des Korridors Stuttgart–Ulm durch Trennung von schnellem und langsamen Verkehr entspricht den übergeordneten verkehrspolitischen Zielen, Mobilität und Wirtschaftswachstum umweltgerecht zu sichern und den Schienenverkehr als wettbewerbsfähige und attraktive Alternative zu anderen Verkehrsträgern auszubauen. Die Anbindung des Landesflughafens Stuttgart an die Hochgeschwindigkeitsstrecke stimmt darüber hinaus mit dem verkehrspolitischen Ziel der Vernetzung der Verkehrsträger überein und erfüllt eine Forderung des Generalverkehrsplanes des Landes Baden-Württemberg. Zugleich wird hierdurch die überfällige Erschließung der dicht bevölkerten und wirtschaftlich stark entwickelten Region Filder an den Schienenfern- und-regionalverkehr hergestellt.

Durch die Tieferlegung des Hauptbahnhofs, der damit einhergehenden Entflechtung der Zulaufstrecken und der Möglichkeit eines innerstädtischen Ringverkehrs entsteht eine höhere betriebliche und verkehrliche Flexibilität, wodurch der heutige Engpass im Zulauf aus Bad Cannstatt entschärft wird. Durch die konsequente Trennung von S-Bahn- und Fernbahn-Gleisen werden nachteilige Überlagerungen bei einer Störung in einem Streckenbereich deutlich verringert. Zudem wird ein beachtliches städtebauliches Entwicklungspotential im Zentrum der Landeshauptstadt Stuttgart geschaffen, was zu einer entsprechenden Einschränkung des Flächenverbrauches an der Peripherie führen wird. Die Trennwirkung der Bahnanlagen im Innenstadtbereich wird weitgehend aufgehoben, die Lärmbelastung im Stuttgarter Talkessel wird bezogen auf den Schienenverkehr zurückgehen.“

Es gab natürlich auch Konzepte für „Außenbahnhöfe“, die man allerdings verworfen hat, da man der Meinung war, dass Bahnhöfe in die Innenstadt gehören und somit einen erheblichen Vorteil gegenüber Flughäfen besitzen. Darin sind sich im Übrigen Projektkritiker und Projektbefürworter einig: der Hauptbahnhof einer Landeshauptstadt gehört in die Innenstadt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB