Sehr geehrter Herr Baumgärtel,
zu 1) das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 hat in der Sach- und Faktenschlichtung behauptet, dass im neuen Durchgangsbahnhof in der Spitzenstunde zwischen 7 und 8 Uhr im Vergleich zu heute Züge entfallen würden. Die Kapazität des Bahnhofes ließe insgesamt elf Verbindungen vermissen. Dem hat die Deutsche Bahn Gleisbelegungspläne des Durchgangsbahnhofes entgegen gehalten, die in der stärksten Stunde im Vergleich zum jetzigen Kopfbahnhof Kapazitäten für zusätzliche Verbindungen aufweisen. Dieser Beleg war dem Aktionsbündnis zu wenig, so dass in der Schlichtung die Forderung erhoben wurde, den Nachweis für eine Kapazitätssteigerung um 30% in der Spitzenstunde zu führen und dies mittels eines Stresstestes zu belegen. Dieser virtuelle Härtetest, der die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofes überprüft, wird von der Deutschen Bahn AG zurzeit vorbereitet. Das Ergebnis ist für Mitte dieses Jahres angekündigt.
zu 2) Der tatsächliche Nutzen der geplanten Durchmesserlinien (ein Konzept, das bei der Stadtbahn und der S-Bahn bereits mit großem Erfolg umgesetzt wurde) darf nicht alleine anhand der durchschnittliche Zahl der Reisenden beurteilt werden, die heute ihre Fahrt im Regionalverkehr in Stuttgart Hbf beginnen oder beenden. Vielmehr schaffen die neuen Durchbindungen zusätzliche Fahrtmöglichkeiten gerade auch für diejenigen Reisenden, die heute in Stuttgart Hbf ein- oder aussteigen, um mit der S-Bahn oder der Stadtbahn zu Zielen innerhalb der Region Stuttgart weiterzureisen. Für diese Fahrgäste eröffnen die Durchbindungen neue Optionen, da Ziele innerhalb der Region Stuttgart, zu denen bislang umgestiegen werden musste, in Zukunft umsteigefrei mit Regionalzügen aus verschiedenen Richtungen erreichbar sind. Beispielsweise sind Flughafen und Messe zukünftig aus den Richtungen Tübingen, Rottweil, Freudenstadt, Heidelberg, Karlsruhe, Heilbronn, Schwäbisch Hall, Aalen und Ulm direkt und ohne Umsteigen zu erreichen, Waiblingen ist umsteigefrei aus Richtung Ulm, Rottweil und Tübingen zu erreichen und Ludwigsburg aus Richtung Ulm und Tübingen.
Zusätzlich zu den neuen Direktverbindungen entstehen auch neue, attraktive Umsteigeverbindungen im S-Bahn-Bereich, bei denen ein größerer Teil des Reisewegs als bislang im schnellen Regionalverkehr zurückgelegt werden kann. So muss aus Richtung Tübingen kommend zukünftig in Richtung Marbach – Backnang bzw. Bietigheim erst in Ludwigsburg umgestiegen werden, oder von der Gäubahn kommend in Richtung Backnang oder Schorndorf erst in Waiblingen.
Aus technischer Sicht ermöglicht der innerstädtische Schienenring in Verbindung mit dem Abstellbahnhof in Untertürkheim auch zukünftig in Stuttgart Hbf beginnende und endende Zugfahrten. Diese sind z.B. in der Spitzenstunde auch vorgesehen. Gleichzeitig erhöht sich im Grundtakt mit den Durchbindungen die Wirtschaftlichkeit des Angebots – wovon vor allem die Fahrgäste profitieren werden.
Mit freundlichen Grüßen
Tanja Gönner - Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr