Liebe direktzu®-Nutzer,

32.000 Menschen haben abgestimmt, mehr als 650 Fragen wurden beantwortet – dies ist die Bilanz der Bürgerdialogplattform „Direktzu Stuttgart 21“, die im September 2010 online ging. Seitdem wurde von unseren Fachleuten detailliert Stellung bezogen zu vielen Themen rund um das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Alle unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen finden Sie hier auf dieser Plattform.

Seit 2010 hat sich das Projekt grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“. Nach Jahren der Planung und des politischen Diskurses treten die Umsetzung des Bahnprojektes und damit die Bauarbeiten immer mehr in den Vordergrund, was an vielen Stellen der Stadt und entlang der Autobahn nach Ulm zu sehen ist.

Für die zunehmenden Fragen rund ums Bauen haben wir ein „Informationszentrum“ eingerichtet, über welches sich insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche über das aktuelle Baugeschehen informieren können.

Wir freuen uns weiterhin über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Beantwortet
Autor Eckhart Klein am 13. Dezember 2010
24640 Leser · 17 Stimmen (-6 / +11)

Neubaustrecke Ulm-Wendlingen: Fahrzeiten, Güterverkehr, Magistrale

Wirtschaftlichkeit Neubaustrecke stark verbesserbar

Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen der Schlichtung war die mangelnde Eignung der NBS für Güterverkehr ein Thema und ein Streitpunkt war insbesondere die daraus resultierende grenzwertige Wirtschaftlichkeit und der geringe ökologische Effekt durch Güterverkehrsverlagerung auf die Schiene.

Wäre nicht folgender Alternativvorschlag möglicherweise jetzt noch realisierbar mit überschaubaren Mehrkosten?

2 Maßnahmen:
1. Albaufstiegs tunnel mit flacherem Winkel, dadurch verzicht auf Filstalbrücke und Tunnelende jenseits Merklingen
2. Im Albvorland und nach Merklingen jeweils ein kurzes Stück dreispurige Ausweichstrecke.
Kosten: Ich überschlage mit 500 mio€ Mehrkosten für längeren Tunnel und Ausweichstrecken. Also 3,4 Milliarden statt 2,9 Milliarden.

Effekt:
1. Durch den flacheren Winkel müssten sich wesentliche energetische Vorteile ergeben im laufenden Betrieb, also weniger Höhendifferenz zu überwinden.
2. Im flacheren Winkel wäre der Aufstieg auch für klassische Güterzüge machbar.
3. Durch die beiden Ausweichstrecken vor und nach dem Tunnel hätten Güterzüge zwei Optionen auszuscheeren um sich überholen zu lassen.
4. Für Güterverkehr gäbe es auch dringend benötigte Kapazitäten, ohne Geislinger Schublok und eine attraktive Güteranbindung West_ost im Süddeutschen Raum, parallel zur laufend vollgestopften LKW-A8. Die Geislinger Steige ist für Güter nicht attraktiv und wird es auch nicht werden, denn Güterzüge hätten dort auch heute schon freie Optionen. Die Aulastung mit Gütern auf der Strecke geht seit Jahren zurück.
5. Würde durch obige Maßnahmen die NBS für Güterverkehr attraktiv, dann dürfte die Wirtschaftlichkeitszahl leicht über 2 steigen, ohne rechnerische Kunstgriffe.
6. Bei Unfällen und eingleisigen Tunnelsperrung würde sich über die Weichen vorher und nachher eine wesentlich bessere Notfallnutzung ergeben.

Was spricht gegen solche Überlegungen?
Würde das nicht auch die Projektgegner sofort zu Befürwortern machen, denn Hauptargument ist fragwürdige Wirtschaftlichkeit und mangelnde Eignung für Güterverkehr.

MfG
Eckhart Klein

+5

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Dr. Volker Kefer am 23. Februar 2011
Dr. Volker Kefer

Sehr geehrter Herr Klein,

bei den Planungen für den im Bundesverkehrswegeplan 1985 bereits vorgesehen Ausbau im Bereich zwischen Plochingen und Günzburg wurden verschiedene Varianten der Streckenführung über die Schwäbische Alb untersucht. In der Abwägung der Möglichkeiten im Rahmen des 1997 abgeschlossenen Raumordnungsverfahrens wurde im Ergebnis die autobahnnahe Trassenführung entlang der Bundesautobahn A 8 als vorzugswürdige Variante gewählt.

Die Überwindung der Schwäbischen Alb stellt ein natürliches Hindernis dar, das im Idealfall mit einem Basistunnel zu überwinden wäre. Zu berücksichtigen sind bei der Prüfung von unterirdischen Trassenvarianten neben den höheren Kosten für längere Tunnels insbesondere die geologischen u. hydrologischen Gegebenheiten. Flachere Tunnelverläufe würden beim Albaufstieg wesentlich längere Durchfahrtslängen in den hydrogeologisch sensiblen Karstwasserschichten zur Folge haben. Die Unterfahrung des Filstal kommt einer in der Frühphase des Projekts untersuchten Variante des Alb-Basis-Tunnels nahe, welche aber wegen der damit verbundenen hohen Kosten und kritischen Grundwassereingriffe bereits früh verworfen wurde.

Zudem wären die Ausbruchsmengen und damit die notwendigen höheren Transport- und Deponiekapazitäten zu berücksichtigen.

Natürlich hätten längere Tunnelabschnitte mit den dann möglichen flacheren Neigungen Vorteile für einen Mischbetrieb von schnellen Zügen mit langsamen und schwereren Zügen. Dies war jedoch ausdrücklich keine Planungsprämisse, da das Verkehrskonzept „Netz 21" der Deutschen Bahn für die Zukunft eine generelle Trennung von schnellem und langsamem Verkehr vorsieht. Durch die vorgenannte Entmischung kann auf vergleichbarer Infrastruktur eine höhere Anzahl nutzbarer Zugtrassen generiert und damit dem Kunden ein Mehr an Verkehrsleistung geboten werden.

In der laufenden Planfeststellung wurden z.B. in den Abschnitten der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm verschiedene Varianten möglicher Trassenführungen eingehend überprüft und nach Abwägung aller Vor- und Nachteile wurde die Antragstrasse als vorzugswürdigste Variante bestätigt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB