Liebe direktzu®-Nutzer,

32.000 Menschen haben abgestimmt, mehr als 650 Fragen wurden beantwortet – dies ist die Bilanz der Bürgerdialogplattform „Direktzu Stuttgart 21“, die im September 2010 online ging. Seitdem wurde von unseren Fachleuten detailliert Stellung bezogen zu vielen Themen rund um das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Alle unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen finden Sie hier auf dieser Plattform.

Seit 2010 hat sich das Projekt grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“. Nach Jahren der Planung und des politischen Diskurses treten die Umsetzung des Bahnprojektes und damit die Bauarbeiten immer mehr in den Vordergrund, was an vielen Stellen der Stadt und entlang der Autobahn nach Ulm zu sehen ist.

Für die zunehmenden Fragen rund ums Bauen haben wir ein „Informationszentrum“ eingerichtet, über welches sich insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche über das aktuelle Baugeschehen informieren können.

Wir freuen uns weiterhin über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Beantwortet
Autor Christoph Wickert am 24. Januar 2011
24094 Leser · 10 Stimmen (-1 / +9)

Durchgangsbahnhof: Kapazität, Architektur, Barrierefreiheit

Höhe der Bahnhofshalle im Schlossgarten

Hallo,

mich interessiert, wie hoch die neue Bahnhofshalle im Bereich des Schlossgartens ist.

Im Film wird bei ca. 3:10 gesagt, dass die Fußgängerbrücken der neuen Bahnhofshalle "auf gleicher Höhe wie die Königsstraße und der Schlossgarten" liegen. Das Dach der Bahnhofshalle ist logischerweise jedoch höher als die Fußgängerbrücken, laut Querschnitt nämlich auf dem Fußboden Niveau des Bonatzbaus.

Daraus folgt für mich, dass die Animationen, auf denen man Menschen im Schlossgarten neben den Lichtaugen auf dem Rasen sitzen sieht, nicht korrekt sein können. Die Lichtaugen wären nicht direkt in den Rasen eingelassen, sondern die Bahnhofshalle müsste sich als mind. 4 Meter hoher Riegel durch den Schlossgarten ziehen und auf diesem Riegel würden sich dann die Lichtaugen befinden.

In der Süddeutschen Zeitung heißt es dazu sogar: "In den offiziellen Werbebroschüren duckt sich der gigantische Sarg des künftigen Querbahnhofs so diskret in die Erde, dass man den Eindruck hat, die beiden durch den Einbau getrennten Parkteile würden an der Oberfläche wieder harmonisch zusammenwachsen. In Wahrheit zieht sich ein 400 Meter langer, 100 Meter breiter und 12 Meter hoher Betonschlauch quer über den gesamten Talboden, also auch quer durch die grüne Schneise des Schlossgartens. Am alten Bahnhofsturm, wo einer der Hauptdurchgänge durch den neuen Acht-oder-zehn-Gleise-Trakt sein soll, ragt der Riegel immer noch sechs Meter aus der Erde. Nimmt man die über dem Deckel vier Meter hoch aufsteigenden Lichtaugen hinzu, erhebt sich das Bauwerk, auf dessen Betonschale außer Rollrasen nichts gedeihen wird, zehn Meter hoch über das Niveau des Schlossgartens. In den Prospekten aber wird so getan, als könne man künftig über die versenkte Spieleisenbahn bequem ebenerdig hinweg schlendern." (Gottfried Knapp: Wo ist das Guckloch im Beton? SZ vom 8.12.2010)

Wie lässt sich dieser Widerspruch in den offiziellen Dokumenten auflösen? Sind die Fotos, Animationen und der Querschnitt falsch oder wird etwa ein Teil des Schlossgartens angehoben? Warum ist der Höhenunterschied in den Animationen (im Film beispielsweise bei 1:48) oder auf den Luftbildern nicht zu sehen?

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Wickert

+8

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Antwort
von Dr. Volker Kefer am 10. Februar 2011
Dr. Volker Kefer

Sehr geehrter Herr Wickert,

um Ihre Fragen in schriftlicher Form verständlich zu beantworten, möchte ich vorab die wesentlichen Abmessungen der neuen Bahnsteighalle darstellen.

Die Bahnsteighalle mit ihren acht Gleisen an vier Bahnsteigen wird in einem Trogbauwerk aus Stahlbeton entstehen. Die Bahnsteige haben eine Nutzlänge von 420m und können so von einem ICE Langzug oder auch von zwei Kurzzügen pro Bahnsteigkante angefahren werden.

Der Trog selbst hat an den Aussenkanten gemessen eine Breite von 80,6 m und eine Länge von 446,7 m. Der Trog hat an der Unterseite wie die Bahnsteige und Gleise ein nahezu gleichmäßiges Gefälle von 1,3-1,5%. Die obere Kante, also das Dach mit den Lichtaugen, hat dagegen ein deutlich abweichendes Gefälle. Daher variiert die lichte Raumhöhe der Bahnsteighalle auch um mehrere Meter.

Die Oberfläche des Straßburger Platzes oder Gartens ist dabei in Orientierung zum Bonatzbau ebenerdig, folgt also auf rund 186 m nicht dem Gefälle der Bahnsteige. Richtung Kurt-Georg-Kiesinger Platz hat die Dachfläche auf einer Länge von rund 58 m ein Gefälle von rund 1 m.

Auf der entgegen liegenden Seite reicht der Trog vom Turm des Bonatzbaus rund 202 m weit in den Schlossgarten und endet somit etwa in der Mitte des Schlossgartens. Dabei fällt das Dach um 6 Höhenmeter ab. Über dem anschließenden Personentunnel, der zum Ausgang an der Staatsgalerie führt, wird das Gelände nochmals um 1m abgesenkt und erreicht so den tiefsten Punkt. Zum Ausgang Staatsgalerie steigt das Gelände wieder um 3,5 m auf das Niveau der Willy-Brandt-Straße.

Die starke Absenkung der Dachfläche macht deutlich, dass die Architektur maßgeblich vom Wert und der Bedeutung des Schlossgartens bestimmt wurde. Das hatte bereits die Jury im Rahmen des Architektenwettbewerbs durch ihr einstimmiges Votum für dieses Konzept anerkannt.

Zusammenfassend kann man also das Bahnsteigdach wie eine Rampe beschreiben, die zur Mitte des Schlossgartens führt. Seitlich wird dieser Bereich angeböscht und flach auslaufend in den Schlossgarten geführt. Auf diesen Flächen werden auch wieder Bäume gepflanzt.

Auf dem Bahnsteigdach selbst können nur Rasen, Gräser und Sträucher angepflanzt werden. Für Bäume hätte der Aufbau sonst deutlich höher ausfallen müssen und die Absenkung zum Schlossgarten um insgesamt 7 Höhenmeter wäre nicht erreichbar gewesen. Es handelt sich aber nur um eine Fläche von 81 m Breite und, wenn man die heutige Cannstatter Str. nicht berücksichtigt, etwa 150 m Länge.

Unsere Park- und Gartengestaltung ist heute noch nicht abgeschlossen. Wir werden aber weitere Information veröffentlichen, sowie uns diese vorliegen.

Zuletzt zu Ihrer Frage, warum der Höhenunterschied fast nicht zu sehen ist: In Stuttgart gibt es kaum eine ebene Straße. Selbst die Königstrasse hat ein Gefälle von 2-3 %. Viele Stuttgarter kennen zudem die Haltestelle Feuersee seit 20 Jahren ohne zu bemerken, dass der Bahnsteig ein Längsgefälle von 2 % hat.

Der neue Hauptbahnhof wird auf den Bahnsteigen ein Längsgefälle von 1,5 % haben und das Bahnsteigdach wird zum Schlossgarten ein Gefälle von rund 3 % haben. Dies ist im Modell und auf Animationen kaum auszumachen. Aus unserer Sicht werden die beschriebenen Gefälle in der Nutzung später kaum bemerkt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB