Sehr geehrter Herr Steinheil,
gerne nutze ich die Gelegenheit, neben der Beantwortung Ihrer Fragen auch das Logistikkonzept von Stuttgart 21 zu erläutern.
Der Großteil der beim Tunnelvortrieb und dem Aushub der Baugruben anfallenden Massen wird direkt von den Baustellen im Stuttgarter Talkessel über ein Netz von Baustraßen zum Nordbahnhofsareal transportiert und dort auf Güterzüge verladen. Durch Verlagerung der Entsorgungsverkehre aus dem öffentlichen Verkehrsraum der Stuttgarter Innenstadt auf die Baustraßen werden Störungen auf ein vertretbares Maß reduziert. Der Transport zu den Entsorgungsanlagen erfolgt mit umweltfreundlichen Güterzügen. Dieses Logistikkonzept entspricht den Vorgaben der Planfeststellung.
Eine Verladung des Ausbruches auf Güterwagen direkt im Tunnel oder des Aushubmaterials in den Baugruben ist aufgrund der Platzverhältnisse in den Baustellen nicht möglich. Gegenüber der Bahn als Transportmittel können Lkw weitaus engere Kurven und viel größere Steigungen bewältigen. Nur so wird es überhaupt möglich, auf vergleichsweise engem Raum die Materialtransporte ohne wesentliche Beeinträchtigungen des Baubetriebs zu organisieren. Für die Baustraßen, die nach Ende des Projektes wieder zurückgebaut werden, werden größtenteils ehemalige Bahnflächen genutzt. Die Gleise sind dort bereits zurückgebaut. Bei der von Ihnen vorgeschlagenen Lösung, die Straße-Schiene-Verladung auf dem A1-Gebiet in der Nähe der Stadtbibliothek einzurichten, würde die Verladung letztendlich nur verlagert werden. Dabei müssten die von den Tunneln und Baugruben kommenden Straßenfahrzeuge ähnlich weite Wege zurücklegen. Zwar würde sich unter anderem der Weg von den Baugruben des Hauptbahnhofs verkürzen, für die Fahrzeuge von den Zwischenangriffen Nord und Prag (Tunnel vom neuen Hbf. Nordseite nach Bad Cannstatt und nach Feuerbach) aber um die gleiche Strecke verlängern. Damit ergibt sich in der Summe keine Reduzierung beim LKW Verkehrsaufkommen. Gleichzeitig würde die erfreuliche Entwicklung auf dem A1-Gebiet behindert. Dort sind inzwischen so weitgehende Bebauungen entstanden, dass die ehemalige Fläche des Güter- und des Postbahnhofes (A1) kaum noch unbebaut ist und damit für die Einrichtung der nötigen Anlagen nicht mehr zur Verfügung steht. Hinzu kommt, dass alte Brücken über die Wolframstraße zurückgebaut wurden und damit auch Baufreiheit für die neue U-Bahnlinie U12 geschaffen wurde, die derzeit für alle sichtbar Gestalt annimmt.
Bahnbetrieblich ist eine Beladung von 10 Ganzzügen, die Zugbildung/ Abfertigung sowie eine Ein-/Ausfahrt ins Gleisnetz der DB AG von der A 1 Fläche ohnehin nicht realisierbar. Auf den planfestgestellten Teilflächen C1 und C2 im Nordbahnhof stehen dafür sowohl die nötigen Flächen als auch die Gleisanlagen zur Verfügung. Um die Einschränkungen durch die Baustraßen so gering wie möglich zu halten, erhalten die im Rahmen von Stuttgart 21 entstehenden Baustraßen unter anderem Lärmschutzwände. Die Bahn hat sich auch verpflichtet, nur Fahrzeuge mit Rußpartikelfiltern einzusetzen. Ich nehme Ihre Hinweise gerne zum Anlass, die Darstellung der Baulogistik auf unserer Internetseite weiterzuentwickeln. Wir werden darüber hinaus in den kommenden Wochen und Monaten eingehend über die Baulogistik des Großprojekts berichten. Wir bedanken uns für Ihre Anregungen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich