Sehr geehrter Herr Burghart,
das von Ihnen angesprochene Gutachten von Professor Kramer stammt aus dem Jahr 2011. Alle wesentlichen Argumente wurden von den Juristen der Deutschen Bahn bereits im Mai 2012 umfassend bewertet und ausführlich widerlegt. Insgesamt ist das Gutachten weder inhaltlich noch rechtlich stichhaltig. Gerne nenne ich Ihnen einige wesentliche Punkte, in denen es ins Leere läuft.
So ist beispielsweise bereits die These, für den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofes in einen Durchgangsbahnhof sei ein Stilllegungsverfahren für den Kopfbahnhof erforderlich, aus Sicht der Deutschen Bahn unbegründet. Die Bahn baut im Rahmen von Stuttgart 21 einen neuen, den heutigen Kopfbahnhof vollständig ersetzenden Hauptbahnhof. Während alle heutigen Verbindungen mit der neuen Infrastruktur weiter bestehen, gibt es für die heutige Anbindung kein eisenbahnbetriebliches Bedürfnis mehr. Ein Stilllegungsverfahren nach Paragraph 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG), wie es Professor Kramer für erforderlich hält, ist damit nicht notwendig.
Ein anderes Beispiel ist der diskriminierungsfreie Zugang zur Eisenbahn-Infrastruktur, den das Gutachten infrage stellt, weil nicht gewährleistet sei, dass Dieselfahrzeuge im neuen Durchgangsbahnhof verkehren bzw. Züge rangieren oder wenden können und ohnehin die heutigen Wartungs- und Zugbehandlungsanlagen nicht angebunden seien. Dazu hat bereits der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 vom 6. April 2006 klargestellt, dass ein Anspruch auf die Nutzung der Infrastruktur mit bestimmten Fahrzeugen nicht besteht. Ebenso wenig wie es einen Anspruch auf Elektrifizierung aller Eisenbahnstrecken gibt, besteht ein Anspruch auf die Nutzung aller Eisenbahnstrecken mit Dieselfahrzeugen. Darüber hinaus löst der Systemwechsel vom Kopf- zum Durchgangsbahnhof zwangsläufig Änderungen in der Bedienungskonzeption aus. Während auch im neuen Hauptbahnhof Züge grundsätzlich wenden können, sieht das auf den neuen Ringverkehr abgestimmte Betriebsprogramm aus guten Gründen keine Wenden vor.
Die Stuttgarter Netz AG hat im Oktober 2012 Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), eingereicht. Das Verfahren ist derzeit noch anhängig. Die Klageerwiderung von EBA und DB liegen bereits vor, beide haben die Abweisung der Klage beantragt und ihre Anträge umfassend begründet.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich