Sehr geehrter Herr Lauer,
wie Sie wissen ist es uns ein besonders wichtiges Anliegen, regelmäßig und umfassend über den aktuellen Projektstand zu informieren. Im Laufe der letzten Jahre haben sich so bereits tausende von Seiten Hintergrund- informationen auf unserer Homepage gestapelt. Wir werden auch in Zukunft ohne Umschweife über den Stand der Dinge informieren, gerade auch im Hinblick auf den Zeitplan und die Kosten.
Diese weitreichende Offenheit kennt dabei auch ihre Grenzen. Wie bei jedem anderen Großprojekt auch gibt es bei Stuttgart 21 schutzwürdige Informa- tionen, die zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Zu diesen schutzwürdigen Informationen zählen beispiels- weise die von Ihnen angesprochenen, detaillierten Einschätzungen zu Risiken, aber auch präzise Kalkulationen.
Für diese Zurückhaltung gibt es gute Gründe. Wenn beispielsweise ein potentieller Auftragnehmer weiß, wo der Bahn gerade besonders der Schuh drückt oder was sie für eine bestimmte Leistung im Budget eingeplant hat, wird er diese Informationen nutzen und seine Preise entsprechend anpassen. Es gehört auch zu einer guten Verhandlungsposition dazu, die eigenen Positionen, Strategien und eben auch Risikoeinschätzungen im Vorfeld eben nicht detailliert offenzulegen. Nur so konnte es überhaupt bei unserem Projekt gelingen, eine ganze Reihe von Aufträgen auch unter dem ursprünglich kalkulierten Preis zu beauftragten und damit bares Geld zu sparen. Es ist daher sowohl im Interesse des Steuerzahlers als auch der Bahn, bestimmte Informationen zu schützen.
Im Übrigen erfordert die Bewertung von Risiken weitreichende Fachkenntnis und langjährige Erfahrung. Doch selbst Fachleute können sich ohne langwierige Befassung kein belastbares Bild machen. Nicht ohne Grund haben im letzten Jahr mehr als 40 Fachleute mehr als ein halbes Jahr gebraucht, um das Projekt Stuttgart 21 im Rahmen des Sechs-Punkte-Programms nochmals umfassend zu durchleuchten und zu bewerten. Dieser Komplexität Rechnung tragend wurde mit Peter Sturm in der neuen Projektgesellschaft sogar ein eigener Vorstand speziell für Risiko- und Vertragsmanagement bestellt. Dutzende von Kaufleuten, Ingenieuren und Juristen sind damit beschäftigt, diese komplexe Materie Tag für Tag im Griff zu halten.
In dem von Ihnen angesprochenen Beitrag haben wir bereits dargelegt, dass die von Ihnen beschriebene Präsentation ohnehin veraltet ist (http://direktzu.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/stuttgart21/...). Zusammenfassende Informationen zum Chancen- und Risikostatus finden Sie beispielsweise in den downloadbaren Unterlagen der Lenkungskreis- und Aufsichtsratssitzungen.
Im Übrigen ist Stuttgart 21 kein Bahnhof, sondern ein Projekt zur grund- legenden Neuordnung des Stuttgarter Bahnknotens, das unter anderem drei neue Personenbahnhöfe und fast ein Drittel der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Ulm enthält.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich