Sehr geehrte Frau Single,
gerne beantworte ich Ihre Fragen zur Entfluchtungssimulation im neuen Stuttgarter Hauptbahnhof.
Die Deutsche Bahn hat im März 2013 den fortgeschriebenen Entwurf eines neuen Brandschutz- und Sicherheitskonzeptes für den neuen Hauptbahnhof den zuständigen Fachbehörden übergeben. In konstruktiven Gesprächen geht es nun um die weitere Detailabstimmung. Am Ende dieses Weges, voraussichtlich im ersten Quartal 2014, wird ein Konzept stehen, das anschließend dem Eisenbahn-Bundesamt zur weiteren Prüfung und Genehmigung übergeben wird.
Im Zuge dieser Übergabe werden wir über das Gesamtkonzept und die dem zu Grunde liegenden Untersuchungen informieren und auch Unterlagen veröffentlichen. Da die Fachgespräche noch andauern, machen detaillierte Wasserstandsmeldungen aus unserer Sicht keinen Sinn.
Der Entfluchtung lag die detaillierte Infrastruktur zu Grunde, beispielsweise die auf dem Bahnsteig zur Verfügung stehenden Flächen und Treppen, die Stege und – als Ergänzung zur bisherigen Planung – je Bahnsteig zwei Fluchttreppenhäuser. Darauf aufbauend wurde ein Worst-Case-Szenario unterstellt, bei dem rund 4.000 Personen pro Bahnsteig zu evakuieren waren.
Zum Vergleich: Ein vollbesetzter, die ganze Bahnsteiglänge ausfüllender ICE hat gerade einmal rund 900 Sitzplätze. Obwohl an einem Bahnsteig nur zwei solche ICEs gleichzeitig halten könnten, wurde ein Reisendenaufkommen unterstellt, das mehr als vier solcher Züge pro Bahnsteig entspricht. Dazu kamen weitere Erschwernisse, beispielsweise der brandbedingte Ausfall von zentralen Zugängen. Diese bewusst schwierig gewählten Bedingungen gehen weit über den typischen Berufsverkehr – auch in der Spitzenstunde – hinaus.
Die von Ihnen vorgeschlagene Doppelbelegungen wurden übrigens nicht unterstellt, da sie im Regelwerk nicht vorgesehen sind und die Aufgaben- stellung ohnehin vereinfachen würden. Das liegt zum einen an dem Sicherheitsraum der zwischen zwei haltenden Zügen verbleiben muss – weniger Zuglänge bedeutet per se weniger Fahrgäste. Zum anderen kann die Einfahrt des zweiten Zuges aus technischen Gründen frühestens wenige Minuten nach dem ersten Zug erfolgen. In der Zwischenzeit können die Fahrgäste des ersten Zuges längst aus diesem ausgestiegen sein und den Bahnsteig verlassen haben. Damit wäre dieses Szenario weit weniger anspruchsvoll, als die in der Simulation de facto unterstellte Annahme, dass sich bei zwei die ganze Bahnsteiglänge ausfüllenden Zügen alle Reisenden gleichzeitig alle Türen zum Bahnsteig öffnen, auf dem sich selbst schon viele Menschen (Reisende zum Einstieg) aufhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich