Sehr geehrter Herr Schaffner,
sehr gerne beantworte ich Ihre Frage zur Höhenlage des neuen Hauptbahnhofs.
Wie von Ihnen skizziert kann der neue Hauptbahnhof aufgrund einer Reihe von Zwangspunkten nicht völlig eben errichtet werden. So muss beispielsweise der nördliche Bahnhofsbereich einerseits die Heilbronner Straße unter- und die kurz daruf folgende S-Bahn-Station überqueren. Der neue Hauptbahnhof fällt dabei im Bahnsteigbereich in Richtung des Mittleren Schlossgartens ab. Mit Bahnsteigneigungen von 13,1 bis 15,1 Promille, also rund 1,5 cm Gefälle je Meter Länge, reiht sich der neue Hauptbahnhof damit in eine wenigstens dreistellige Zahl von Stationen in Deutschland ein, deren Bahnsteiggleise längs geneigt sind. Wir haben dazu bereits vielfach Stellung genommen.
Die Längsneigung der Station ist das Ergebnis eines sorgfältigen Abwägungs- und Planungsprozesses, in dem zwischen 1988 und 1994 eine Vielzahl von Alternativen geprüft und nach eingehender Betrachtung letztlich zu Gunsten der gewählten Lösung verworfen wurden. Die genehmigte Planung sieht vor, die teilweise in den südlichen Tunnelbereich des neuen Hauptbahnhofs hineinragende Haltestelle Staatsgalerie durch einen Neubau rund 25 Meter näher an den Hauptbahnhof heranzuschieben und gleichzeitig um rund 3 Meter anzuheben. Damit kann die bislang unterirdische Station auch nach oben geöffnet werden. Nicht zuletzt wird damit der Weg für die seitens der Stadt vorgesehene Tieferlegung und Überdeckelung der sehr stark befahrenen Willy-Brandt-Straße in diesem Bereich frei.
Ein ebenerdig liegender Hauptbahnhof würde den Mittleren Schlossgarten oberirdisch durchqueren und hätte massive Eingriffe in die Bebauung und die Straßen rund um den Gerhard-Müller-Platzes erfordert. Vor allen Dingen wäre ein höher liegender, offener Bahnhof eine massive Barriere im Mittleren Schlossgarten. Weit über die damit verbundene ästhetische und funktionale Beeinträchtigung hinaus würde ein oberirdischer Bahnhof als eine Sperre gegen extreme Hochwasser - wie sie etwa alle 100 Jahre erwartet werden - wirken. Ein großer Teil der Stuttgarter Innenstadt würde so im Ernstfall Gefahr laufen, überflutet zu werden.
Zum Vergleich: Der neue, 2005 planfestgestellte Hauptbahnhof fügt sich vergleichsweise sanft in das umgebende Gelände ein. Der höchste Punkt im Schlossgarten (am Turm) ragt weniger als fünf Meter über das Straßenniveau hinaus und flacht Richtung Staatsgalerie gänzlich ab; nahe des Ferdinand-Leitner-Stegs liegt die Station auf Höhe des heutigen Geländes. Damit können extreme Hochwasser weiterhin über das Gefälle im Schlossgarten in Richtung Neckar abfließen.
Einige wesentliche Hintergründe und eine Aufstellung der bestimmten Zwangspunkte stehen auch im Erläuterungsbericht Teil III zum Planfeststellungsabschnitt 1.1 ab Seite 85 (http://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/uploads/tx_smedia...). Eine Aufstellung der für die Verlegung der Haltestelle Staatsgalerie erwogenen Varianten ist ab Seite 136 des Dokuments dargestellt.
Ich hoffe, Ihre Frage damit umfassend beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich