Sehr geehrter Herr Dr. Onken,
ich danke Ihnen für Ihre sachlich-kritische Nachfrage zu der am 12. Dezember 2012 vorgestellten neuen Kostenschätzung. Herr Dr. Kefer hat mich gebeten, Ihnen direkt über Direktzu zu antworten.
Das Vorhaben Stuttgart 21 wurde im Laufe der Planungs- und frühen Bauphase so oft und intensiv durchleuchtet wie wohl kaum ein anderes großes Verkehrsprojekt. Zu der kaum zu überblickenden Reihe der internen und externen Begutachtungen zählt auch die Überprüfung der Kosten- kalkulation durch drei unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die - auch im Auftrag der organisierten Projektkritiker - im Rahmen der Schlichtung (2010) die damalige Kostenschätzung durchleuchtet und für insgesamt plausibel befunden haben. Diesen Prüfungen lag der jeweils aktuelle Planungs- und Erkenntnisstand zu Grunde, in diesem Fall im Wesentlichen die Entwurfsplanung.
Nachdem Ende 2011 erste Ausschreibungen über dem dafür vorgesehenen Budget erfolgten, hat der Vorstand der Deutschen Bahn aus eigener Initiative eine weitere Prüfung angestoßen. Daraufhin haben nochmals mehr als 40 interne und externe Ingenieure, Wirtschaftsprüfer und weitere Fachleute das Projekt durchleuchtet und dabei die Erfahrungen und den Planungsfortschritt der letzten Jahre berücksichtigt; inzwischen konnte auf die (ungleich präzisere) Ausführungsplanung zurückgegriffen werden. Die Ergebnisse der Prüfung wurden im November 2012 wiederum von einer Wirtschafts- prüfungsgesellschaft überprüft und schließlich dem Vorstand vorgelegt, der daraufhin am 12. Dezember den Aufsichtsrat und anschließend die Öffentlichkeit umfassend informiert hat.
Nach dieser Sitzung hat der Aufsichtsrat über 100 Fragen an den Vorstand gestellt und anschließend eigene Gutachten beauftragt, bevor der Finanzierungsrahmen mit dem Beschluss vom 5. März 2013 auf bis zu 6,526 Milliarden Euro erhöht wurde. Damit sind ausdrücklich auch Worst-Case-Szenarien abgedeckt, die mehrjährige Verzögerungen, weitreichende Behinderungen und die Realisierung aller bekannten Risiken mit einschließen. Nicht nur der nominelle Umfang, sondern auch das Spektrum der berück- sichtigten Risiken geht dabei weit über den vorherigen Finanzierungsrahmen hinaus. Die beiden Finanzierungsrahmen sind damit auch nicht ohne Weiteres so einfach vergleichbar, wie dies auf den ersten Blick scheinen mag.
Zu den Ursachen und Hintergründen der Kostensteigerungen haben wir bereits eingehend Stellung genommen. Zu nennen sind hier insbesondere die Erkenntnisse aus den bisherigen Vergaben und der inzwischen vorliegenden Ausführungsplanung, Auflagen und Änderungen außerhalb des Einfluss- bereichs der Bahn, aber beispielsweise auch Verzögerungen und die damit einhergehende, auf Dezember 2021 verschobene Inbetriebnahme.
Weitere Hintergrundinformationen finden Sie unter anderem in den Unterlagen zur Aufsichtsratssitzung vom 12. Dezember, die wir unter http://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/no_cache/mediathe... bereitgestellt haben. Auch in den - ebenfalls online abrufbaren - Unterlagen der übrigen Aufsichtsrat- und Lenkungskreis-Sitzungen finden Sie weitere Hintergrundinformationen.
Ich hoffe, Ihre Frage damit vollständig beantwortet zu haben und stehe Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich