Sehr geehrter Herr Schütz
Zu den Vorwürfen von Herrn Dr. Engelhardt haben wir bereits in einem offenen Brief umfassend Stellung genommen: http://tinyurl.com/d6pug6g
Lassen Sie mich die wesentlichen Zusammenhänge noch einmal kurz darstellen:
Leistungsuntersuchungen von Bahnanlagen sind eine komplexe Materie, die mit einfachen linearen Rechnungen nicht hinreichend genau abgebildet werden kann. So nützen viele Bahnsteigkanten – wie im heutigen Stuttgarter Hauptbahnhof – nichts, wenn zu wenig Zulaufgleise vorhanden sind, diese in entscheidenden Abschnitten nur langsam befahren werden können und sich ein- und ausfahrende Züge darüber hinaus vielfach gegenseitig blockieren.
Mit Stuttgart 21 werden die bestehenden Engpässe im Bereich des Hauptbahnhofs, aber auch im Bereich von Bad Cannstatt, umfassend angegangen und aufgelöst. Wo heute mit 35 ankommenden Zügen schon in erheblichem Maß Verspätungen aufgebaut werden, können trotz gestiegener Zugzahlen zukünftig Verspätungen abgebaut werden. Mehr Zulaufgleise, die bis in den Bahnhofsbereich deutlich schneller befahren werden können und viel weniger Konflikte zwischen den Zügen ermöglichen, mit weniger Bahnsteiggleisen mehr Züge zu fahren.
Im Rahmen des Stresstests haben wir dabei den Nachweis erbracht, dass im neuen Hauptbahnhof 49 Züge zur Spitzenstunde in wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität abgewickelt werden können. Je Zug und Bahnsteiggleis stehen damit im Durchschnitt knapp zehn Minuten zur Verfügung. Für den Ein- und Ausstieg der Fahrgäste werden im morgendlichen Berufsverkehr dabei nur etwa zwei bis drei Minuten je Zug benötigt. Die übrige Zeit dient Ein- und Ausfahrten, längeren Haltezeiten und Reserven.
Wo die Grenzen moderner, durchsatzoptimierter Bahnhöfe liegen, zeigen indes einige der tatsächlich leistungsstärksten Durchgangsbahnhöfe in Deutschland: Die S-Bahn-Stationen an den Hauptbahnhöfen Frankfurt, München und Stuttgart fertigen planmäßig zwischen 24 und 30 Züge je Stunde und Bahnsteiggleis ab. Mit längeren Haltezeiten und insgesamt etwas langsameren Fahrzeugen war im Stresstest eine Leistung von gerade einmal sechs Zügen je Stunde und Bahnsteiggleis nachzuweisen. In einer der aufwendigsten jemals durchgeführten Bahnbetriebssimulationen ist dieser detaillierte Nachweis erbracht und von den Fachleuten der SMA bestätigt.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Erläuterungen weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich