Sehr geehrter Herr Reinhart,
bei der Planung der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm wurden die fahrdynamischen Möglichkeiten intensiv geprüft. Die Ergebnisse dieser Prüfungen sind aufgrund der Steigungsverhältnisse auf der Neubaustrecke von besonderer Bedeutung. Berücksichtigt wurden dabei die internationalen europaweit gültigen Normen für die Trassierung von Hochgeschwindigkeitsstrecken. Die Strecke entspricht mit einer durchschnittlichen Neigung von max. 25 Promille diesen Vorgaben. Richtung Ulm gibt es in einem kurzen Abschnitt bei Aichelberg eine Steigung von 31 Promille, in Richtung Wendlingen bestehen bei Ulm im Anstieg zur Albhochfläche Steigungen von 25 Promille.
Mit modernen Lokomotiven können dabei ohne Weiteres Güterzüge mit Anhängelasten von 1.000 und mehr Tonnen über die Neubaustrecke verkehren. So kann eine Lokomotive der Baureihe 185 in Richtung Ulm bis zu 1.065 Tonnen ziehen, in Richtung Wendlingen sogar 1.445 Tonnen. Lokomotiven der Reihe 189 erreichen 1.100 bzw. 1.495 Tonnen. Mit dem Einsatz einer zweiten Lok werden von der Baureihe 185 sogar 2.150 bzw. 2.850 Tonnen erreicht.
Die Anlaufsteigung ist kein "Instrument" der Betriebsführung. Es ist vielmehr eine Berechnungsmethode, welche für die Einfahrt in eine Steigung Rückschlüsse auf die Wirkung von Zug- und Widerstandskräften zulässt. Die so genannten "Anlaufsteigung" bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass jeweils vor entsprechenden Steigungen die Züge die Geschwindigkeit anpassen und dann quasi mit Anlauf die kurzen Steigungsrampen überwinden. Damit würden die Anhängelasten für die Güterzüge Richtung Ulm denen Richtung Wendlingen entsprechen. Für den konkreten Betriebsablauf werden bis zur Inbetriebnahme in "örtlichen Richtlinien" Regelungen für den Betrieb der Strecke aufgestellt. Darin werden dann auch die maßgeblichen Lasten etc. festgelegt. Unabhängig von diesen künftigen Regelungen steht fest, dass die Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm auch für den Güterverkehr entsprechend geeignet ist.
Seit den frühen 1980er Jahren wurde eine Vielzahl von groß- und kleinräumigen Varianten für Neu- und Ausbaulösungen für den Korridor zwischen Stuttgart und Ulm geprüft. Dabei wurden auch verschiedene Varianten von flacher geneigten Strecken geprüft, die noch größere Zuggewichte erlaubt hätten. In einem intensiven Abwägungsprozess hat sich die jetzt gewählte Trasse als Vorzugsvariante herausgestellt. Mit dem Bau dieser Trasse entlang der Bundesautobahn A8 wurde bereits begonnen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB