Sehr geehrter Herr Fetzer,
gerne beantworte ich Ihre Frage zum Stand der Dinge am Fildertunnel.
Der Planfeststellungsbeschluss für den entsprechenden Abschnitt (1.2) wurde im Jahr 2005 vom Eisenbahn-Bundesamt erlassen. Damit ist die Planung für diesen Abschnitt genehmigt und die Deutsche Bahn hat ein uneingeschränktes Baurecht! Die damals beantragte und genehmigte Planung sieht einen konventionellen Tunnelvortrieb vor.
Aufgrund technischen Fortschritts, weiterer Prüfungen und neuer Erkenntnisse aus anderen Projekten zeigte sich zwischenzeitlich, dass ein Vortrieb mit Tunnelbohrvortriebsmaschinen nunmehr technisch und wirtschaftlich günstiger sein könnte. Vor diesem Hintergrund wurde vor einem Jahr ein Antrag auf Änderung der ursprünglichen Planung gestellt. Maßgeblicher Gegenstand dieses Planänderungsantrags ist die Option, alternativ zum konventionellen Tunnelbau "Tunnelbohrmaschinen" zum Einsatz zu bringen.
Lassen Sie mich Ihnen den rechtlichen Rahmen kurz erläutern, da Sie meinen, dass das Bauvorhaben nicht genehmigt sei: Es gilt der (rechtliche und planerische) Grundsatz, dass komplexe Großvorhaben in einzelne Abschnitte unterteilt werden können. Diese einzelne Abschnitte kann der Vorhabenträger (DB AG) selbst festsetzen. Sie können sowohl bei der Planung als auch bei der Genehmigung und bei der Ausführung gebildet werden. Dies steigert vor allem die Übersichtlichkeit des Projekts. Stellen Sie sich vor, wie viele Bürgerinnen und Bürger sich sonst in den betroffenen Gemeinden von Stuttgart bis Ulm zu einem bestimmten Zeitpunkt die Planfeststellungsunterlagen anschauen müssten, wenn es nur einen großen Abschnitt gäbe. Der Umfang der Unterlagen wäre nicht mehr zu überblicken. Wenn einzelne Abschnitte genehmigt wurden, können diese auch sofort gebaut werden – sofern das Gesamtkonzept als realisierbar bestätigt wird. De facto hat das EBA und das VGH in seinem Urteil 2006, mit der Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der Planung für den Abschnitt 1.1 die Realisierbarkeit des Gesamtkonzeptes faktisch bestätigt. Anders wäre es ja auch nicht möglich, da sich die Genehmigung des PFA 1.1 im luftleeren Raum befände und nicht Teil eines abgestimmten Gesamtkonzeptes wäre. Dem Gesamtvorhaben wurde quasi in einer Art Vorausschau ein „positives Gesamturteil“ bescheinigt. Deswegen geht es bei den noch ausstehenden PFB (1.3, 1.6b) nicht um die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit sondern um die konkrete Ausgestaltung. Es geht also nicht um das OB (überhaupt) sondern nur noch um das WIE. Alle Bahnprojekte mit neuer Trassenführung werden so gebaut.
Dieser Punkt ist bei Stuttgart 21 ganz klar erreicht. In fünf der sieben Planfeststellungsbeschlüsse liegt das Baurecht vor. Die genehmigten Abschnitte decken den Kern des Projekts komplett ab und machen rund 85 Prozent der Gesamtinvestition aus. Im Gegensatz zum noch ausstehenden Filderbereich (Abschnitt 1.3) und zum Abstellbahnhof Untertürkheim (Abschnitt 1.6b) müssen der Hauptbahnhof und der Fildertunnel in diesem Jahr in den Bau gehen, um den angestrebten Zeitpunkt der Inbetriebnahme einhalten zu können.
Die nunmehr begonnenen vorbereitenden Arbeiten am Fildertunnel sind in dieser Form dabei in jedem Fall notwendig. Die betroffene Fläche dient dabei in jedem Fall sowohl als Zufahrt zur künftigen Baustelle als auch als Rettungszufahrt nach der Inbetriebnahme.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich