Liebe direktzu®-Nutzer,

32.000 Menschen haben abgestimmt, mehr als 650 Fragen wurden beantwortet – dies ist die Bilanz der Bürgerdialogplattform „Direktzu Stuttgart 21“, die im September 2010 online ging. Seitdem wurde von unseren Fachleuten detailliert Stellung bezogen zu vielen Themen rund um das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Alle unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen finden Sie hier auf dieser Plattform.

Seit 2010 hat sich das Projekt grundlegend verändert. Es geht nicht mehr um das „ob“, sondern um das „wie“. Nach Jahren der Planung und des politischen Diskurses treten die Umsetzung des Bahnprojektes und damit die Bauarbeiten immer mehr in den Vordergrund, was an vielen Stellen der Stadt und entlang der Autobahn nach Ulm zu sehen ist.

Für die zunehmenden Fragen rund ums Bauen haben wir ein „Informationszentrum“ eingerichtet, über welches sich insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche über das aktuelle Baugeschehen informieren können.

Wir freuen uns weiterhin über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Beantwortet
Autor Holger Scheu am 01. Juli 2011
23083 Leser · 15 Stimmen (-3 / +12)

Durchgangsbahnhof: Kapazität, Architektur, Barrierefreiheit

Weniger Festtreppen für mehr Platz auf dem Bahnsteig

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Thema Treppen, Fahrtreppen und Barrierefreiheit wurde unter anderem hier:

http://www.direktzu.de/stuttgart21/messages/rolltreppen-d...

http://www.direktzu.de/stuttgart21/messages/breite-und-an...

bereits zweimal diskutiert. Die Anregung war unter anderem Rolltreppen durch Fahrsteige zu ersetzen, um die Barrierefreiheit zu verbessern. Ihre Antwort darauf war unter anderem, dass dies zuviel Platz benötige.

Am Bahnhof Liège-Guillemins (der sicher zu den modernsten in Europa gehört) ist u.a. jedoch genau das teilweise realisiert. Dort finden sich zwei Hauptverteiler über den Gleisen und einer unter den Gleisen, wie man beispielsweise hier

http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Guillemin...

sehen kann. Die meisten Zugänge sind Rolltreppen. Es existieren jedoch auch Laufbänder/Fahrsteige, die auch keine "100-140 m lang" sind (ohne dies nachgemessen zu haben liegen diese aber sicher deutlich unter 50 m). Sie verbrauchen also deutlich weniger Platz als von Ihnen beschrieben.

Gleichzeitig sieht man auf dem Bild des Bahnhofs, dass auch an den Fahrtreppen keine Engpässe am Bahnsteig entstehen. Die Bahnsteige scheinen jedoch nicht deutlich breiter als die von S21 zu sein. Ermöglicht wird es vielmehr durch den Verzicht auf Festtreppen.

Meine Fragen sind also:
- Warum realisiert man den Zugang zu den Bahnsteigen nicht so, wie es an einem funktionierenden, modernen Bahnhof (beispielsweise Liège) bereits realisiert ist?
- Warum schafft man den Konflikt der Barrierefreiheit und des Umsteigekomforts nicht ab, indem man teilweise Laufbänder/Fahrsteige ersetzt?
- Wiese baut man weiterhin in einem modernen Bahnhof Festtreppen wenn man ohnehin genügend Fahrtreppen geplant hat, wobei der Versicht auf Festtreppen die "Engpass-Debatte" beenden könnte?

Mit freundlichen Grüßen
H. Scheu

+9

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Dr. Volker Kefer am 10. August 2011
Dr. Volker Kefer

Sehr geehrter Herr Scheu,

die gültigen Bauvorschriften in Deutschland lassen nicht zu, dass Bahnsteige mit Verkehrsebenen ausschließlich durch Fahrtreppen verbunden werden. Eine Fahrtreppe ist deshalb bei allen vier Bahnsteigen und allen Verbindungsstegen im neuen Hauptbahnhof mit einer Festtreppe kombiniert vorhanden. Die Begründung dafür liegt unter anderem darin, dass eine Fahrtreppe - wie der Name schon sagt - dem Fahren dient und höhere Stufen besitzt als eine Festtreppe. Bei Stillstand der Fahrtreppe sind diese höheren Stufen schwieriger zu bewältigen als die Treppenstufen einer Festtreppe. Ferner verfügen Fahrtreppen nicht über Zwischenpodeste, die dagegen bei einer Festtreppe vorgeschrieben sind und die sichere Nutzung ermöglichen.

Beim Einsatz von Fahrsteigen und Laufbändern gelten die gleichen Vorgaben wie bei einer festen Rampe, denn im Sinne einer barrierefreien Zuwegung sollen Rollstuhlfahrer die Rampe eigenständig nutzen können. Hierfür darf die Neigung maximal 6 % betragen. Diese sehr flache Neigung hat zur Folge, dass sich zur Überwindung der Höhendifferenzen von circa sieben Metern zwischen den Bahnsteigen und den Verbindungsstegen sehr lange Rampen und somit auch sehr lange Wege ergeben würden. Daraus würden wesentliche Nachteile für die tägliche Nutzung resultierten. Damit wären Rampen oder Fahrsteige – abgesehen von den geometrischen und architektonischen Nachteilen– insgesamt die ungünstigste Möglichkeit zur Erschließung der Bahnhofanlagen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die aktuelle Planung die gültigen Bau- und Sicherheitsvorschriften einzuhalten hat sowie die Abstimmung mit den Verbänden für mobilitätseingeschränkten Personen berücksichtigen wird. Weitere Optimierungen bzw. darüber hinausgehende Details sind derzeit in Bearbeitung. Die grundsätzliche Konzeption der Zuwegungen und Treppenanlagen wird aber u.a. auf Grund von Bau- und Sicherheitsvorschriften beibehalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB