Sehr geehrter Herr Heuser,
im Zuge der Planungen wurden diverse betriebliche Untersuchungen unter Mitarbeit von anerkannten Verkehrsexperten wie z. B. Prof. Heimerl und Prof. Martin (VWI Stuttgart) und Prof. Schwanhäußer (VIA Aachen) zur Dimensionierung der Anlagen und für den Nachweis der betrieblichen Leistungsfähigkeit durchgeführt. Die Untersuchungen zeigen, dass der neue Durchgangsbahnhof gegenüber dem alten Kopfbahnhof eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit besitzt und den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist.
Dazu gebe ich Ihnen konkrete Beispiele:
· Für eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur brauchen wir die Neubaustrecke nach Ulm. Die bestehende Filstalbahn Stuttgart-Göppingen-Geislingen(Steige)-Ulm ist stark ausgelastet. Der Mischverkehr aus schnellen Fernverkehrszügen und langsamen Regionalverkehrs- und Güterzügen macht zusätzliche Gleise nötig. Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm beinhaltet eine komplette Neubaustrecke von Stuttgart-Feuerbach nach Ulm mit einer Länge von rund 90 Kilometern. Neben dem schnellen Fernverkehr wird die Schnellfahrstrecke auch vom Regionalverkehr sowie vom leichten Güterverkehr genutzt.
· Im Stuttgarter Durchgangsbahnhof werden bei deutlichen Kapazitätsreserven mehr Fahrten stattfinden. Ein Durchgangsbahnhof hat konzeptionell entscheidende Vorteile:
-
Er benötigt lediglich die Hälfte der Bahnhofsgleise wegen der Aufteilung des Gleisvorfeldes auf beide Seiten des Bahnhofs – es wird grundsätzlich in Fahrtrichtung weitergefahren.
-
Die Ein-, Ausfahr- sowie Haltezeiten sind kürzer – Gleise werden schneller frei.
-
Die Behinderungen anderer Zugfahrten sind durch die Trennung der Ein- und Ausfahrt auf je eine Bahnhofsseite reduziert.
· Die Leistungsfähigkeit wird durch die Optimierung der Zulaufstrecken gesteigert. Wichtig für eine höhere Kapazität ist die Anbindung des Durchgangsbahnhofs mit vier zweigleisigen Strecken von Stuttgart-Feuerbach, Stuttgart-Bad Cannstatt, Stuttgart-Unter-/Obertürkheim und aus Richtung Flughafen. Im Regelfall führen vier Gleise rein und vier Gleise raus. Der Bahnverkehr kann durch den achtgleisigen Durchgangsbahnhof quasi durchrollen.
· Die vier auf den Durchgangsbahnhof zulaufenden Strecken werden neu über einen innerstädtischen Schienenring verbunden. Von der Rems- und Murrbahn aus Richtung Waiblingen kann der Hauptbahnhof über die Zuführungen aus Bad Cannstatt und aus Ober-/Untertürkheim angefahren werden. Gleiches gilt aus Richtung Esslingen(Neckar). Von Stuttgart nach Ulm oder Tübingen kann zukünftig der Weg durch das Neckartal oder über den Flughafen und die Landesmesse genutzt werden. Diese flexible Betriebsführung schafft Kapazitäten im Stuttgarter Bahnknoten.
· Eine weitere Steigerung des Betriebsflusses wird durch die Erhöhung der Einfahrgeschwindigkeiten erzielt. In einem Kopfbahnhof ist das Ende des Bahnsteiggleises durch einen Prellbock begrenzt. Deswegen darf maximal mit 30 km/h eingefahren werden. Die vielen zahlreichen Weichenverbindungen im Gleisvorfeld beschränken die Geschwindigkeit zudem. Beim neuen Durchgangsbahnhof liegt die Streckengeschwindigkeiten der Zulaufstrecken zwischen 120km/h und 160 km/h. Die Einfahrgeschwindigkeiten zu allen Bahnsteiggleisen betragen flexibel nutzbar zwischen 50 km/h und 100 km/h. Auch die Ausfahrgeschwindigkeiten sind höher.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Volker Kefer - Vorstand Technik, Systemverbund, Dienstleistungen und Infrastruktur der DB