Sehr geehrter Herr Lauer,
gerne beantworte ich auch Ihre Rückfrage zur des "bestgeplanten Projekts".
In der frühen Planungsphase des Projekts Stuttgart 21 waren die verantwortlichen Ingenieure Stolz auf die Tiefe und Qualität der damaligen Planung. Zu den Besonderheiten des Projekts gehörte von Anfang an auch die Finanzierung, die von Anfang an maßgeblich zu einem großen Teil von der Bahn selbst getragen werden sollte. Das Projekt musste damit betriebs- wirtschaftlich wesentlich strengeren Anforderungen genügen als andere, im Wesentlichen volkswirtschaftlich gerechtfertigte, Projekte und wurde bereits innerhalb der Bahn entsprechend kritisch beäugt.
Ein Novum war auch die Idee, weite Teile eines großen Bahnknotens unter die Erde zu verlegen und die dabei gewonnenen Flächen der Stadtentwicklung zur Verfügung zu Stellen. Diese neue Idee, die weit über den vielfach praktizierten Neu- und Ausbau von Strecken hinausging – warf natürlich bereits innerhalb der Bahn eine Vielzahl von Fragen auf und führte auch zu zahlreichen Fachdiskussionen.
Schon als die ersten derartigen Ideen Ende der 1980er Jahre bei der damaligen Bundesbahn diskutiert wurden, wurden diese Gedanken natürlich kritisch hinterfragt. Im Laufe der Jahre schauten dem Projekt eine Vielzahl von internen und externen Gutachtern auf die Finger, mussten unzählige kritische Fragen beantwortet und abgearbeitet werden. Allein die Zahl der im Laufe der Jahre durchgeführten wirtschaftlichen Prüfungen lässt sich heute kaum noch überblicken.
In den frühen Jahren des Projekts war der Aufwand, der für die Planung betrieben wurde, damit durchaus ungewöhnlich. Das Vorhaben konnte daher als durchaus "bestgeplant" unter Projekten vergleichbarer Planungstiefe im Portfolio der Deutschen Bahn AG gelten.
Es dauerte fast ein Jahrzehnt, bis das Vorhaben den Projektstopp um die Jahrtausendwende überwunden hatte. Die Zeiten hatten sich geändert, neue Diskussionen entstanden und auch die Bahn hat sicherlich ihre Fehler gemacht. Dazu haben wir insbesondere im Umfeld der Aufsichtsratssitzungen vom 12. Dezember 2012 und 5. März 2013 eingehend Stellung und dabei auch kein Blatt vor den Mund genommen.
Dennoch ist nach unserem Kenntnisstand eine derart weitreichende Aussage wie "bestgeplantes Bahnprojekt aller Zeiten" seitens der Projektverantwort- lichen nie direkt gefallen. Ein Blick in Zeitungsarchive zeigt vielmehr, dass diese Aussage erst ab 2009 und zunächst nur von Projektgegnern verwendet wurde. Es scheint, als sei die Behauptung, eine von vielen Legenden, die das Projekt Stuttgart 21 umgeben.
Insofern stehen wir zu unserer Aussage und lassen uns gerne – mit entsprechendem Beleg – eines Besseren belehren.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Dietrich